Meine Idee
Während aller Jahre, die ich mit den verschiedensten Pferden zu tun hatte, sind mir immer wieder einige Dinge aufgefallen:Die Haltung der meisten Pferde ist von einem artgerechten Leben weit entfernt:
Ein Lauftier & Herdentier einzeln in einer kleinen Box einzusperren, in denen es seine Bedürfnisse nicht seiner Natur entsprechend ausleben kann, macht für mich keinen Sinn. Pferde brauchen den direkten Kontakt zu Artgenossen, Anreiz zur Bewegung, Spiel & Erkundung, außerdem Luft & Sonnenlicht, sonst verlieren sie ihre körperliche und emotionale Gesundheit.
Für unreitbare Pferde ist diese Haltungsform besonders ungünstig:
Da alt oder krank gewordenen Tieren im Gegensatz zum Turnierpferd auch noch die Abwechslung & Bewegung durch das tägliche intensive Training fehlt, leiden sie besonders unter dem ständigen Eingesperrtsein. Die Tiere werden vom Stehen steif oder husten von den sich in der Box stauenden Schadgasen und bauen sowohl körperlich als auch geistig schneller ab als nötig.
Kein Platz für unreitbare Pferde:
Die Branche wird zunehmend dominiert durch Stallanlagen, die auf die Bedürfnisse von Turnierreitern ausgelegt sind - und in der Folge ist es in vielen Regionen Deutschlands fast unmöglich, eine bezahlbare und artgerechte Unterbringungsmöglichkeit für wenig bis gar nicht gerittene Pferde zu finden.
Ältere Pferde haben spezielle Bedürfnisse:
Viele Pferde werden im Alter schwerfuttrig, entwickeln Zipperlein, leiden unter Problemen des Bewegungsapparates und der Atemwege oder sie haben Schwierigkeiten, sich in der Herde zu behaupten, weil ihre Reaktionen langsamer werden und die Fitness nachlässt. In großen Pensionsställen mit über 50 eingestellten Pferden ist die individuelle Betreuung oft nicht möglich, die diese Tiere bräuchten. Oft fehlt auch einfach die Fachkenntnis, die nötig wäre, um Probleme im Entstehen zu erkennen und einzuschreiten.
Tierliebe mit Hindernissen:
Viele Besitzer würden ihrem in die Jahre gekommenen Liebling durchaus für seine langjährigen treuen Dienste als Reitpferd eine schöne Rentnerzeit gönnen, haben aber aus zeitlichen Gründen keine Möglichkeit, sich selbst um alles zu kümmern. Viele möchten ihr Alterchen nicht komplett weggeben, aber für mehr als einen gelegentlichen Besuch reicht es nicht mehr, da sie parallel ein neues Reitpferd haben möchten. Für diese Menschen wäre es doch ideal, wenn es eine Möglichkeit gäbe, wo ihr Rentner kompetent und liebevoll betreut wird, art- und altersgerecht leben kann, quasi ein "Altenheim für Pferde"?
Mein Senior soll nicht alleine alt werden müssen:
Da das Alter meines eigenen Wallachs auf die 20 zugeht, begann ich mir Gedanken zu machen. Zwar hatte er in dem Offenstall hinter unserem Haus gute Rahmenbedingungen für eine glückliche Rentnerzeit, aber meine anderen Pferde waren beide noch sehr jung, ich hatte Sorge, dass er irgendwann ins Abseits geraten könnte. Deshalb kam mir die Idee, unseren Gnadenhof als "Altersheim für Pferde" zu gründen, andere alte oder unreitbare Pferde als Pensionsgäste aufzunehmen, damit mein Wallach seinem Alter entsprechende Freunde zum gemeinsamen Altwerden haben sollte - und damit es für die "Alterchen" anderer Menschen einen Ort geben sollte, wo sie es noch einmal richtig gut haben für den Rest ihres Lebens.
Ein Traum wurde wahr:
Ich habe mir mit dem Umbau unseres Hofes zum Aktiv - Offenstall den Traum erfüllen können, einen Platz zu schaffen für gerade die Pferde, die ihn am dringendsten brauchten. Auf unserem Hof wollte ich den unreitbar gewordenen "Alterchen" einen Ort bieten, an der sie ihre Rentnerzeit in vollen Zügen genießen können. Ich wollte alles so pferdegerecht machen wie nur möglich: Die Pferde sollten in einer Gruppe leben können ohne trennende Gitter und sie sollten sich das ganze Jahr und rund um die Uhr komplett frei bewegen dürfen, sogar dazu animiert werden, zu laufen, zu spielen, weshalb ich mich für ein Aktiv - Offenstallkonzept entschieden habe. Hierdurch werden die Tiere schonend trainiert und beschäftigt, weil sie zu allen "points of interest" hinlaufen müssen, was fit hält - wobei ich jedoch auf die Anlage eines Zwangs - Rundkurses bewußt verzichtet habe, um Rücksicht auf weniger fitte Senioren zu nehmen. Durch die Haltung in einer altersmäßig gemischten Gruppe aus Stuten und Wallachen haben die Rentner einerseits die Chance auf ebenso in die Jahre gekommene beste Freunde, andererseits wirken meine jüngeren Pferde belebend und aktivierend auf die Senioren. Ein üppiges Platzangebot in Kombination mit geringer Gruppengröße vermeidet zugleich effektiv Rangauseinandersetzungen, da die Tiere sich bei Bedarf aus dem Weg gehen können, und gewährleistet die notwendige individuelle Betreuung.
Alt gewordenen Pferden das Gnadenbrot zu geben und Hunden nicht nur, wenn sie jung sind, sondern auch im Alter Pflege angedeihen zu lassen, ist Ehrenpflicht eines guten Menschen.
Marcus Porcius Cato der Ältere
Der wahrhaft Ethische nimmt sich die Zeit, einem Insekt, das in einen Tümpel gefallen ist, ein Blatt oder einen Halm zur Rettung hinzuhalten. Und er fürchtet sich nicht, als sentimental belächelt zu werden.
Albert Schweizer